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Fragen und Antworten: Ein neues Gesetz soll Deutschland für den Klimawandel fit machen. Was ist zu erwarten?

Klimawandel Anpassung Gesetz




Spätstens seit der verheerenden Ahrtal-Überschwemmung ist klar: Die Folgen des Klimawandels lassen sich nicht mehr aufhalten. Nur wie kann Deutschland damit umgehen? Die Bundesregierung hat eine Antwort gefunden.Nordrhein-Westfalen ist Deutschlands größtes Bundesland – und dem Rest der Republik einen entscheidenden Schritt voraus: Seit 2021 schreibt ein 15-Punkte-Plan vor, wie sich das Land an den Klimawandel anpassen soll. Die Maßnahmen sind gesetzlich festgeschrieben und verbindlich. Demnach müssen die Folgen der Erderwärmung in allen Planungen und Entscheidungen berücksichtigt werden. Ein Klima-Monitoring soll mögliche Folgen der Erderwärmung vorhersehen – und ein “Beirat Klimaanpassung” die Ergebnisse bewerten.Das alles ist bisher Aufgabe der Länder und Kommunen. In einigen Bundesländern, etwa in Schleswig-Holstein oder Bayern, gibt es dafür Fahrpläne oder Richtlinien. Schätzungen zufolge haben 15 bis 20 Prozent der Kommunen Anpassungsstrategien für den Klimawandel. Rechtlich bindend sind diese aber nicht. Auch auf Bundesebene gibt es seit 2008 eine Anpassungsstrategie, allerdings kein verbindliches Gesetz. Das soll sich nun ändern. Einen Entwurf gibt es schon länger, erstmals hat die Bundesregierung im Oktober darüber beraten. Nun hat der Bundestag das Gesetz beschlossen. Für das Gesetz von Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) votierten am Donnerstag die Fraktionen der Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP. Die Unionsfraktionen und die AfD stimmten dagegen. Die Linksfraktion enthielt sich.PAID 42_22 Klimawandel Zustand des Planeten 16.35Warum brauchen wir so ein Gesetz und was steht drin? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.Warum braucht Deutschland so ein Gesetz?Den Klimawandel mithilfe von Klimapaketen und -zielen von heute auf morgen zu beenden, ist unrealistisch, weil sich die Folgen der Erderwärmung häufig erst verzögert bemerkbar machen. Selbst wenn die Staatengemeinschaft die Klimaziele einhält, werden die Folgen der Erderwärmung noch lange spürbar sein. Die Klimaziele sind deshalb aber nicht überflüssig, sondern nötig, um größeren Schaden, wie etwa das Erreichen der Kipppunkte, zu verhindern.Viele Staaten, insbesondere im globalen Süden, sind bereits stark von den Folgen der Erderwärmung betroffen. Deutschland erlebte seinen Klima-Moment 2021 bei der verheerenden Flut im nordrhein-westfälischen Ahrtal. Spätestens seitdem ist klar, dass man sich nicht nur auf die Folgen des Klimawandels einstellen, sondern sich auch darauf vorbereiten kann. Bundesweit gibt es bisher kein rechtlich bindendes und einheitliches Klimaanpassungsgesetz für die Länder.Was steht im Klimaanpassungsgesetz?Das geplante Gesetz klingt erst einmal sehr bürokratisch. Es bildet einen strategischen Rahmen für die Klimaanpassung auf allen Verwaltungsebenen in Deutschland, heißt es in dem Entwurf. Konkret heißt das: Die Regierung muss spätestens bis Ende September 2025 eine Strategie und messbare Ziele vorlegen. Daran gebunden sind dann auch die Länder und Kommunen. Laut dem Entwurf plant die Ampel allerdings, die Maßnahmen ein Jahr früher zu präsentieren.Die Strategie umfasst verschiedene Bereiche und Themen, darunter den Wasserhaushalt mit Küsten- und Meeresschutz, Gebäude und Verkehr, Landnutzung (Land- und Forstwirtschaft), Stadtentwicklung und Bevölkerungsschutz, Gesundheit und Wirtschaft (Industrie). Mit Risikoanalysen und einem Monitoring soll überprüft werden, ob die Strategien ausreichen und ob die Ziele verfehlt werden. Andernfalls müssen die Maßnahmen angepasst werden.Die Bundesregierung soll laut Gesetzentwurf dafür zuständig sein, die Ziele und wissenschaftliche Grundlagen für die Maßnahmen vorzulegen. Die Länder müssen selbst Strategien entwickeln und umsetzen. Ab Ende September 2024 sollen sie die Ergebnisse alle zwei Jahre an das für die Klimaanpassung zuständige Ministerium melden.Wo liegt der Knackpunkt?Die Finanzierung. Daszu gibt es keine konkreten Regelungen. Denn der Bund kann Vorhaben der Kommunen nicht direkt finanzieren, das geht bislang nur bei Modellprojekten. Doch Maßnahmen zur Klimaanpassung – wie beispielsweise eine Deichrückverlegung – können schon mal 20 Jahre dauern.Klar ist aber: Ganz billig wird das Vorhaben wohl nicht. Der Bund soll jährlich 2,7 Millionen Euro zahlen, dazu kommt eine einmalige Zahlung von 16,3 Millionen Euro. Größer ist der finanzielle Aufwand aber für die Länder. Jährlich zahlen sie knapp sieben Millionen Euro. Die anfangs fällige Einmalzahlung liegt bei 955 Millionen.”Wir müssen wieder zum Grundkonsens zurückkommen, dass wir die Menschen in unserem Land vor den dramatischen Folgen der Klimakrise schützen müssen”, sagte Lemke in der Debatte im Bundestag. Die Krux liege jedoch in der Finanzierung. “Klimaschutz und Klimavorsorge verursachen Kosten. Aber wenn wir das unterlassen würden, wären die Kosten ein Vielfaches höher.”Forscher rechnen damit, dass die Kosten von Bund und Ländern durch Klimaschäden zwischen 2022 und 2050 von 280 auf 900 Milliarden Euro steigen könnten. Schätzungen zufolge könnten Maßnahmen zur Klimaanpassung den finanziellen Aufwand mindestens um 60, im Idealfall sogar um 100 Prozent senken.Was sagt die Opposition?Über die Frage der Finanzierung echauffiert sich die Unionsfraktion. Sie kritisiert, dass die Regierung so gut wie nichts zur Finanzierung der Klimaanpassung liefere. “Da kann ich nur an Sie appellieren: Lernen Sie doch bitte aus dem Karlsruher Urteil von gestern”, sagt Steffen Bilger von der CDU/CSU-Fraktion. “Klären Sie Finanzfragen, bevor Sie Pflichten und Kosten gesetzlich begründen, sonst werden Sie erneut eine finanzpolitische Bruchlandung erleiden.”Gibt es Vorbilder für Deutschland?Auf EU-Ebene gibt es seit fast zehn Jahren ein Positionspapier, das regelmäßig aktualisiert wird. Darin enthalten sind Hinweise, wie sich die Mitgliedstaaten an den Klimawandel anpassen können. Allerdings handelt es sich auch dabei nicht an verbindliche Richtlinien, sondern um Appelle an die Staaten. Über das Programm ClimateApt stellt die EU zudem wissenschaftliche Daten und Klimaprognosen bereit, mit denen sich Regierungschefs informieren können. Vergleichbare Programme und Papiere gibt es auch schon in Deutschland.Neuseeland ist eines der ersten Länder weltweit, die einen Anpassungsplan für den Klimawandel nutzen. In dem 200-seitigen Papier können sich die Bürger über die Folgen des Klimawandels informieren. Darin hat die Regierung auch festgehalten, welche Maßnahmen in den kommenden Jahren umgesetzt werden sollen, um das Land auf die Folgen des Klimawandels vorzubereiten. Beispielsweise müssen Bauvorhaben so geplant sein, dass etwa Gebäude höchstens geringfügig durch Umweltkatastrophen beschädigt werden. Hinweis: Der Text wurde nach der Bundestagsabstimmung aktualisiert. Quellen: Deutscher Bundestag, Umweltbundesamt, 



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Author : Christine Leitner

Publish date : 2023-11-16 13:58:00

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