Eigentlich stehen WInd- und Solarkraftunternehmen gerade hoch im Kurs. Die von der Regierung forcierte Energiewende birgt viel Potenzial. Doch die Branche erlebt derzeit eine handfeste Krise.Dieser Artikel erschien zuerst bei ntv.deWer erwartet hatte, dass die Energiekrise den Windkraft- und Solarunternehmen eine Sonderkonjunktur und an der Börse steigende Kurse bescheren würde, hat sich gewaltig getäuscht. Die Ampelregierung hat den Ausbau von erneuerbaren Energien nach dem russischen Angriff auf die Ukraine massiv beschleunigt. Die Unternehmen erleben einen nie dagewesenen Boom, ihre Auftragsbücher sind prall gefüllt. Trotzdem tun sie sich schwer, Geld zu verdienen. Die gestiegene Nachfrage erweist sich als Schuss nach hinten: Neue Projekte sind teuer,die Schulden erdrückend und die Aktien der Unternehmen erweisen sich in diesem Jahr als Bremsen in vielen Depots.Energiewende: Aktienentwicklungen aus Solar- und Windbereich “verheerend””Die Aktienentwicklung aus dem Solar- und Windbereich ist verheerend”, fasst es ntv-Börsenreporter Frank Meyer zusammen. SolarEdge und Enphase Energy aus dem Solarsektor haben seit Jahresanfang jeweils rund 70 Prozent eingebüßt. Der dänische Windparkriese Orsted verlor über 50, Vestas Wind Systems knapp 14 Prozent. Von ihren Allzeithochs sind die Papiere aus der Branche meist weit entfernt. Auch die entsprechenden Indexfonds – die Wertpapiere thematisch bündeln, um Risiken einzelner Unternehmen zu minimieren – erleben eine Dürrephase. Der S&P Global Clean Energy ETF und der iShares Global Clean Energy ETF beispielsweise sind seit Januar um mehr als 30 Prozent eingebrochen.Das Kernproblem sind die hohen Zinsen und volatile Kosten. Nicht alles können die Unternehmen an die Kunden weiterreichen. Lieferketten-Probleme, aber auch Überkapazitäten und ein ruinöser Preiskampf tun ihr Übriges. SolarEdge rutschten im dritten Quartal in die roten Zahlen, weil der Umsatz wegbrach. Dem Windparkbetreiber Orsted bescherten zwei geplatzte Offshore-Projekte in den USA fast vier Milliarden Euro an Abschreibungen und einen Verlust von 2,7 Milliarden Euro. Der weltgrößte Turbinenbauer Vestas überraschte Anfang des Monats zwar mit schwarzen Zahlen für das dritte Quartal. Aber der Wettbewerb um höhere Preise ist hart. Turbinen bedürfen großer Investitionen, nicht nur in der Entwicklung, sondern auch für die Werke. Bis ein Auftrag abgeschlossen ist, gehen die Firmen jahrelang in finanzielle Vorleistung.Bruchlandung in einer BoomphaseBruchlandungen ausgerechnet in einer Boomphase sind die Folge. Siemens Energy wurden in der schwierigen Gemengelage letztlich Qualitätsmängel bei der spanischen Tochter Gamesa zum Verhängnis. Eine 7,5 Milliarden Euro schwere Bürgschaft der Bundesregierung und ein kompliziertes Rettungskonzept halten das Unternehmen vorerst über Wasser, doch der Cocktail aus Problemen bleibt: Die Situation bei Wind sei “sehr ernst”, sagte Joe Kaeser, Aufsichtsratschef von Siemens Energy, jüngst im Gespräch mit der “Welt am Sonntag”. Die ganze Branche mache horrende Verluste. Es sei eine junge Industrie, die bislang nicht konsolidiert worden sei. STERN PAID Unabhängigkeit russisches Öl und Gas (C+) 20.00″Überall sind die Kapitalkosten durch die rasante Zinswende gestiegen”, sagt Meyer. “Lange Genehmigungsverfahren machen die Projekte zeitlich ungewiss und verteuern sie zusätzlich.” Der Preiskampf im Solar- und Windsektor ist brutal: Aufträge werden aus Kostengründen nach China verlagert. Gleichzeitig treibt Peking selbst den Ausbau erneuerbarer Energien mit Hochdruck voran, auch branchenferne Unternehmen wollen ein Stück vom grünen Kuchen abhaben und fluten den globalen Markt mit billigen Solarkomponenten. Auch in der Windkraftbranche herrsche ein “Rattenrennen”, beschreibt ein Manager die Misere bereits vor einem Jahr. Ein Hinweis im Halbjahresbericht von Longi Green Energy Technology, einem der größten chinesischen Solarunternehmen aus dem August, lässt nichts Gutes erahnen: “Die gesamte Branche steht kurz vor der K.o.-Runde”, zitiert das “Wall Steet Journal”.Es droht ein Paukenschlag nach Jahren, in denen eine Krise die nächste abgelöst hat: “Zu dem Zeitpunkt, als die Inflationswelle einsetzte, wurden diese Unternehmen sowohl von der Stahl- als auch von der Halbleiterinflation sehr hart getroffen”, zitiert das Wirtschaftsportal Business Insider Martin Frandsen, Portfoliomanager bei Principal Asset Management. “Genau dann, wenn man anfängt, aufzuholen und wieder aufatmen kann, kommen Zinserhöhungen dazu”. So etwas nennt man einen perfekten Sturm.”Diese Geschäftsmodelle können nur mit Nullzinsen überleben”Damit sich die Lage entspannt, sei die Zinswende unabdingbar, sagt ntv-Börsenexperte Meyer. “Diese Geschäftsmodelle können wegen ihrer niedrigen Margen nur mit Nullzinsen überleben”, warnt er. Das gilt auch für die Wasserstoffbranche.Wird Siemens Energy also Schule machen? Muss der Staat der Branche bei großen Energieprojekten helfen, wenn damit politische Ziele erreicht werden sollen? NordLB-Chef Jörg Frischholz meint ja. “Es ist notwendig, dass der Staat bei den großen Vorhaben, bei starkem Kapazitätsausbau und bei größeren Einzelprojekten unterstützt”, sagte er “Capital”. Es gehe dabei aber nicht um Cash, sondern um zusätzliche Absicherungen oder Ausfallgarantien. Atomkraftwerke Länder 16.50″Beim Umfang dessen, was wir uns gemeinsam als Volkswirtschaft vorgenommen haben, geht es darum, alle Bausteine geschickt miteinander zu verzahnen”, führt er aus – und prophezeit: Gibt es keine Hilfen, werden viele potenzielle Investoren in dem Bereich die Risiken scheuen. Philipp Godron von der Denkfabrik und Lobbyorganisation Agora Energiewende fordert dagegen, dass die strauchelnde Windkraftbranche sich dem Wettbewerb stellt, wie er im “Capital”-Interview sagt. “Wenn bei einzelnen Unternehmen Probleme auftreten, ist das für den Wettbewerb und den Ausbau nicht gut. Aber das bedeutet nicht, dass es nicht einen Markt an Herstellern gibt, die die wachsende Nachfrage bedienen können. Die Konkurrenz schließt die Angebotslücke.”Für Anleger, die in den Bereich erneuerbare Energien investieren wollen, bietet das wenig Orientierung. “Es gab gute und schlechte Jahre”, sagt die Finanzberaterin Annika Peters im Gespräch mit ntv. “2019 und 2020 waren gute, hier haben wir in der Branche und an der Börse eine sehr starke Performance gesehen. Aber in den letzten drei Jahren haben sich die Unternehmen schwergetan.” Doch jedes Trend-Thema sei ein Risiko. Deshalb sollte es auch immer nur eine Beimischung sein.
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Publish date : 2023-11-20 12:54:00
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